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Der singende Schulleiter nimmt seine Gitarre

Nach über 28 Jahren an der Oberlinschule verabschiedet sich Dr. Uwe Plenzke in den Ruhestand.

Am 12.07.2023 ist der letzte Schultag vor den Sommerferien und der letzte Tag im Arbeitsleben von Dr. Uwe Plenzke. Schwer vorstellbar, dass der energiegeladene Leiter der Oberlinschule, der über zwei Jahrzehnte den Bildungsbereich des Oberlinhaus geprägt hat, in den Ruhestand geht. „Ich habe keine Sorge, dass es langweilig wird“, sagt er. Bereits vor Jahren habe er die Entscheidung getroffen: „Mit dem Ruhestand möchte ich Zeit haben – für Musik, Reisen und die Familie.“

Schwimmen gehen und Fahrradfahren sei das erste, was er am Tag nach dem traditionellen Ausläuten des Schuljahres machen werde, berichtet der Vater einer erwachsenen Tochter. Eine Schiffsreise mit seiner Frau ist bereits geplant, es geht zum Nordkap in Norwegen. Zudem freut er sich auf Unternehmungen mit seinen Enkelkindern – vier und sieben Jahre alt – und auf Kulturveranstaltungen. „Ich liebe kleine Konzert-Formate“, sagt der groß gewachsene Mann, der vielen als „der singende Schulleiter“ in Erinnerung bleiben wird. So nannte ihn einst der ehemalige Bildungsminister von Brandenburg Günter Baaske (SPD).

Plenzke singt gern und spielt Gitarre. „Die habe ich in all den Jahren immer versucht, in die Hand zu nehmen“, erzählt er. Seine Leidenschaft bringt er regelmäßig bei Kinderfesten, Andachten und beim Frühlingssingen ein – zum Erstaunen seiner langjährigen beruflichen Wegbegleiterin Antje Mohr. „Vor jeder Veranstaltung probt er mindestens einmal und ich denke immer, muss er da jetzt auch noch hin“, berichtet die Assistentin der Geschäftsführung mit Blick auf Plenzkes stets vollen Termin-Kalender. Antje Mohr ist sich sicher: „Die Musik gibt ihm Kraft.“ Sie sei ein Grund dafür, dass er sich seine positive Ausstrahlung bewahrt hat – trotz der zahlreichen Herausforderungen als Schulleiter.

Der aus Bergfelde bei Birkenwerder in Brandenburg stammende Plenzke begann 1979 mit dem Studium in Potsdam. 1983 startete er mit nur 20 Jahren in den Lehrer-Beruf, zunächst als Fachschullehrer am Institut für Lehrerbildung, parallel absolvierte er das Studium Diplom-Lehrer für Musikerziehung und anschließend Diplom-Lehrer für Hörgeschädigte und Sprachbehinderte. Seit 1992 arbeitete er an der Oberlinschule. 1998 übernahm er die stellvertretende Schulleitung. Berufsbegleitend kamen weitere Abschlüsse dazu: Lehramt Sonderpädagogik und Logopädie. Sein Hauptthema war die Sprachförderung von kaum- und nichtsprechenden Kindern mit musikalischen Elementen. So war die Carl-Orff-Gruppe der Oberlinschule für ihn eine Herzensangelegenheit. Hier musizierten über viele Jahre Schülerinnen und Schüler mit Mehrfachbehinderungen mit Klanginstrumenten gemeinsam. Die Instrumente werden noch heute in der Oberlinschule gespielt. 

Wegen seiner Promotion verließ Uwe Plenzke 2001 das Oberlinhaus, um an der Universität Dortmund über das Thema „Kommunikationsförderung bei kaum- und nichtsprechenden Kindern“ zu promovieren. Voller Tatendrang, das neue theoretische Wissen in der Praxis umzusetzen, folgte er jedoch dem Ruf des Oberlinhaus und kehrte 2003 als Nachfolger von Schulleiterin Monika Scheil zurück. Anders als zuvor üblich, übernahm er auch die Geschäftsführung.

„Ich habe viel Potential gesehen, vieles bewirken zu können“, sagt er. Selbst in der Finanzverantwortung zu stehen, habe ihn herausgefordert. Das erste große Projekt war der Schulneubau, der zuvor trotz jahrzehntelanger Bemühungen nicht zustande gekommen war. Unter Plenzkes Leitung konnte 2011 das dreigeschossige, farbenfrohe Gebäude eingeweiht werden. Gleich anschließend wurde der Altbau saniert. Günstige Umstände hätten es möglich gemacht, so Plenzke, wie die immer größer werdende Sensibilisierung in Politik und Gesellschaft für das Thema Inklusion, die Ganztagsmittel und das Konjunkturpaket. So konnte auf die hohe Nachfrage nach Schulplätzen aufgrund des Städtewachstums von Potsdam und Berlin reagiert werden. 

Wegen der damals vermehrten Schließungen von Förderschulen stieg die Nachfrage nach Schulplätzen weiter. Uwe Plenzke hatte die Idee, gemeinsam mit dem Deutschen Orden die Trägerschaft für die heutige Oberlin Norberthausschule zu übernehmen. Seit 2011 ist er auch Geschäftsführer dieser Ganztagsschule in Michendorf. Im Jahr 2015 folgte die Übernahme der Geschäftsleitung der Oberlin Kindertagesstätten. 

Was sich wie eine Abhakliste liest, war mit vielen Unwegsamkeiten verbunden. „Man muss sich immer fachlich beraten lassen, aber auch selber denken“, sagt Plenzke. Bei allen sonderpädagogischen, finanziellen oder baulichen Themen müssen die Beteiligten an einen Tisch und die Lösungen gemeinsam beraten, auch wenn es mehrere Runden werden. „Zuhören, vermitteln, Vorschläge und erfolgreiche Schritte gehören dazu“, so Plenzke. Seine wichtigste Intention dabei: Für die Schülerinnen und Schüler, die er alle kennt, und die ihn alle kennen, optimale Lernbedingungen zu schaffen. Ein Ringen auch um kleinste Details ist für ihn selbstverständlich, faule Kompromisse gänzlich unerwünscht. „Arbeitszeit ist auch Lebenszeit“ resümiert Uwe Plenzke für sich, alle Mitarbeitenden und seine Schülerschaft. Ihre Interessen sind für ihn das Maß der Dinge: ob beim Einbau von geeigneten Aufzügen, der Suche nach dem wohlschmeckendsten Schulessen oder dem lehrreichsten „Outdoor-Klassenzimmer“, das er kürzlich auf einem Pferdehof in Marggraffshof bei Stahnsdorf fand. 

Die Verbesserung der Akustik im kompletten Schulgebäude ist ein immerwährendes Thema. Im historischen Teil des Schulgebäudes wurden jüngst große Wandbilder installiert. Nach seiner Idee entstand ein Treppenhaus voller Geschichten. Die schönsten Fotos rund um fröhliche Events, aufwendiges Baugeschehen und prominente Gäste laden nun zur Entdeckungsreise ein und hemmen gleichzeitig den Schall im dreistöckigen Treppenhaus. Auch sein beharrliches Verhandlungsgeschick gegenüber Ministerien, Behörden, Krankenkassen und Eingliederungshilfe trug zur größtmöglichen Förderung der Schülerinnen und Schüler bei. Vielleicht wäre er ein großer Diplomat geworden, hätte ihn sein Weg nicht nach Babelsberg geführt. 

„Ich habe ihn in all den Jahren nicht einmal schimpfen gehört. Seine Stimme erhebt er nur beim Singen. Außerdem hat ‚Familie‘ für ihn einen sehr hohen Stellenwert, nicht nur die eigene, auch für seine Mitarbeitenden zeigt er immer großes Verständnis in familiären Belangen“, berichtet Antje Mohr. Ihr Chef sei immer optimistisch, enthusiastisch und diplomatisch. Er setzt lieber auf das persönliche Gespräch. „Das gehört auch zu mir, Sachverhalte am Tisch klären“, sagt Plenzke, der immer montags seine Leitungsrunde hat. „Wir sind ein tolles Team und alle im Austausch. Das führt dazu, dass man sich identifiziert, versteht und dann anfängt.“

Nun fängt er den Ruhestand an: Am 07.07.2023 wurde der singende Schulleiter feierlich in der Oberlinkirche verabschiedet. Seine letzte Amtshandlung ist das traditionelle Ausläuten des Schuljahres am 12.07.2023. Im Geiste wird er jedoch auch in den nächsten Jahrzenten beim Läuten mit dabei sein: Er selbst hat während eines Teamausflugs die neue Glocke mitgegossen. Aber auch direkt bleibt er dem Oberlinhaus erhalten – als Mitglied im Vorstand der Oberlinstiftung. „Ich darf weiterhin hierherkommen“, sagt er lachend und freut sich in seinem „Ruhestand“ auch darauf.